Freitag, 10. Mai 2013

Cage Diving mit Großen Weißen Haien

Nach 3 Tagen Warten in Port Lincoln war es dann endlich soweit.

Nach vielen Überlegungen, ob es das hart ersparte Geld wert ist, ob es nicht klüger wäre das Geld aufzuheben, ob es vielleicht zu gefährlich ist. All das war vergessen. Wir hatten endlich die Tour gebucht und es konnte losgehen. Die pure Vorfreude bestimmte nun unsere Gefühlslage! Die Aufregung vom Abend davor brauch ich sicherlich nicht detailliert beschreiben. Doch sie steigerte sich, je näher das Ereignis rückte! Schnell noch ein paar Videos auf youtube reingezogen von anderen Cage Divers, die sich dasselbe antaten wie wir. Und natürlich auch die beiden, wo der Hai direkt in die Käfig-Lücke reinsteuert, um im Käfig nach Frischfleisch zu jagen. Ebenso die Artikel im Web über die kürzlich Verunglückten in Südafrika. 19 Mann an Bord, Boot kippt um, 3 Tote. Todesursache? Ertrunken, puh, immerhin nicht vom Hai zerfleischt. Man möge sich mal vorstellen, dass das Boot am Ankerplatz umkippt. Aber sowas passiert doch in Australien nicht, richtig? Oder? Zur Beruhigung schnell nochmal die GoPro-camera Werbung angeschaut, wo Ocean Ramsey mit einem Großen Weißen Hai schwimmt, den sogar streichelt und sich an der Rückenflosse festhält. Verrückt, die Alte!

5:40 Uhr klingelte der Wecker, 6:20 Uhr war Abfahrt. Nach einigen Verzögerungen und "Ein-Checken" am Boot ging es dann kurz nach 7 Uhr los, auf die tobende See. Ja, das war sie wirklich. Die Tour muss eigentlich kurz vorm Abbruch gestanden haben, alles andere könnte ich mir nicht erklären. Jedenfalls war es das Gefühl, was uns umgab, wenn wir links aus dem Fenster schauten und nur Himmel sahen, dann rechts aus dem Fenster schauten und ausschließlich Meer sahen, dann zum Boothintern blickten und realisierten: dieses verdammte Boot wird gleich umkippen, so wie in Südafrika! Ertrinken ist ziemlich unwahrscheinlich, wir sind geübte und gute Schwimmer. Bleibt nur noch ein Abgang: wir werden vom Hai gefressen. Sprich: wir haben unser letztes Geld zusammengekratzt für ein Deluxe-Abkratzen. Na super!

Doch irgendwie haben wir es dann nach über 3h Fahrt doch zum Ankerplatz geschafft. Ich konnte also vorerst meine Schwimmflügel wieder abnehmen und den blutigen Fleischköder von Adris Hintern entfernen.
Kaum hatte das Boot angelegt, sah man im Wasser auch schon die ersten 2 Schatten. Gott sei Dank nicht umsonst Geld rausgehauen, dachten wir uns nur. Weil, wie die Betreiberwebsite auch schon verraten hat, es gibt beim Buisness mit der wilden Natur natürlich keinerlei Garantien. Der Crew fiel es schwer, die Aufmerksamkeit auf ihre Einweisungen in Sachen 'Tauchen im Käfig' zu lenken, während im kalten Wasser die Hauptdarsteller bereits ihre Kreise um das Boot zogen.

Die Passagiere wurden in 6 Gruppen á 6 Menschen eingeteilt. Adri & ich waren in Gruppe 4. Na toll, das sind die ja gar nicht mehr hungrig, wenn wir im Wasser sind...und wahrscheinlich sinse dann auch schon weg!

Die erste Gruppe machte sich bereit und stieg in den Käfig. Nun konnten alle anderen sehen, nach welchem Prinzip die ganze Sache abläuft. Zunächst wird via Knopf eine Suppe aus Blut und Fisch und irgend ner braunen Soße durch eine verschließbare Öffnung an der Bootsseite ins Wasser gelassen, um die Haie anzulocken. Das wird so ca. alle 20 Minuten gemacht. Sind die Haie da, wirft einer (2) der Crew-Members einen an einer Schnur befestigten Köder ins Wasser, in diesem Fall Tunfisch-Magen. Kommt der Hai auf ihn zugeschwommen, zieht er ihn kurz bevor der Hai des Köder im Maul hat weg, Richtung Käfig und dann raus, sodass der Hai schön mit offenem Maul auf Käfig und Boot zustürmt. Super Show! Es kamen immer mehr Haie, sie kamen und gingen eigentlich ständig. Manche waren monströs, bis zu 6m, andere musste man schon als klein bezeichnen, was angesichts der Größe von immerhin noch ca 3m fast schon lächerlich erscheint.

Gruppe drei war bereits mehrere Minuten im Wasser und endlich durften wir uns fertig machen. Alle bekamen Maske, Taucheranzug und Tauchschuhe. Nachdem ein Engländer aus unserer Gruppe seinen Anzug fertig angezogen hatte, sagte ihm dann endlich ein Crew-Mitglied, dass er ihn linksrum angezogen hatte. Der Klassiker. Dämlicher Brite dachte ich mir nur und lachte mir ins Fäustchen.

Als der Typ dann aber auch mich nur angrinste und ich an mir runterblickte, verstummte mein innerliches Lachen. Karma!

Adri war die erste, die reinging. Dann irgend son Typ, dann ich. Das Wasser war echt verdammt kalt, sehr kalt, um die 18-20 Grad. Das Runtersteigen auf der Leiter wurde durch die 15kg erleichtert, die man wie ein Rucksack umhängen hatte. Wäre durch die 50 Kilo Chips und Kekse auch kein Ding gewesen, die ich im Bauch verankert hatte. Während Adri noch etwas Schwierigkeiten mit der o2-Zufuhr hatte, begab ich mich sofort auf die Suche nach den Haien. Und wirklich lange warten mussten wir nicht! Bevor man sich richtig einrichten konnte, schwommen mehrere Haie direkt am Käfig vorbei und beobachteten uns. Die richtige Action musste ebenfalls nicht lange auf sich warten lassen: die Haie jagten die von der Crew reingeworfenen Köder. Adri drehte sich kurz zu mir und unsere Blicke trafen sich, bevor sich Adri wieder umdrehte und ich einen tollen Blick auf das Geschehnisse in ihrer Ecke hatte. Denn genau als sie sich umdrehte, rammte ein Hai mit offenem Maul direkt vor ihrem Gesicht in den Käfig rein :D Herrliches Bild, wie sie erst zusammenzuckte und dann direkt wieder zu mir blickte, wobei ihre Augen diesmal ca. 3x so groß waren wie vorher. Ich hatte derweil etwas Probleme mit dem Atemgerät, da ich herzhaft zu lachen anfangen musste.

Im Folgenden bekamen wir eine gute Show geboten, die Haie schwammen sehr langsam, manchmal extrem schnell und nach dem Köder schnappend, an uns vorbei. Gelegentlich rammten sie den Käfig, mit der Schnauze oder auch mit der kräftigen Schwanzflosse. Später knallte auch direkt vor meinem Gesicht ein Hai in den Käfig, der war echt riesig! War sicher "Kinky", 5 1/2m lang. Sie wurden zunehmend aggressiver, zumindest einige von ihnen. Jedoch allgemein waren sie nicht einmal ansatzweise so aggressiv, wie man denkt. Haie sind keine menschenfressenden Killermaschinen, wie alle Idioten denken. Es sind atemberaubende Kreaturen, die so elegant durch das Wasser gleiten wie kaum ein anderes Tier. Durch den Aufbau ihrer äußeren "Haut" schleichen sie so leise durch das Wasser, dass man sie gar nicht hört oder wahrnimmt, bevor sie direkt vor einem sind. Unfassbar und unvergesslich, wie auf einmal ein 6 Meter langer Weißer Hai direkt vor einem ist, nichtmal 30cm von deinem Körper entfernt, ganz plötzlich, obwohl er so langsam durch das Wasser gleitet - als ob der aus dem Nichts kommen würde. Und du kannst ihn direkt in die Augen schauen. Komischerweise erfüllt es einen weder mit Angst noch mit irgendwelchen anderen schlechten, negativen Gefühlen. Man ist dankbar für die Chance, ein solches Lebewesen hautnah erleben zu dürfen. Man will es fast streicheln, so knuffig grinst es dich an. Keine Aggressivität ist zu sehen, kein Blutrausch, gar nichts. Nur ein paar neugierige Giganten des Ozeans, die die Lage checken. Wunderbar! Man sah all die Dinge, die man über Weiße Haie schon weiß: dieser abrubte Übergang zwischen Grau und Weiß an der unteren Seite des Hais, der weiße Bauch, das hämische Grinsen im Gesicht, die scharfen Zähne. Aber auch, dass sie ziemlich hungrig sein können :D Im Wasser war der Unterschied zwischen einem kleinen und einem großen Hai noch deutlicher zu erkennen. Die kleinen wirkten schon fast niedlich. Laut Crew sahen wir an diesem Tag 6 verschiedene Weiße Haie, wobei wir das Gefühl hatten das es doch so 2-3 mehr waren...

Die Kälte des Wassers machte sich mit zunehmender Dauer des 45-minütigen Tauchgangs immer mehr bermerkbar. Vor allem, weil sie langsam Wasser in die Lücke zwischen Haut und Anzug drängte. Die Hände waren auch schon komplett eingefroren, da man sich eigentlich ständig an Metallstäben festhalten musste. Auf der einen Seite wollte man noch viel mehr Zeit unter Wasser verbringen, da es sowas wie ein satt-sehen nicht gab. Aber andererseits waren wir doch froh, als es dann wieder an Bord ging und man quasi sofort unter die heiße Dusche springen konnte. Oben wurden wir mit den Worten "You guys had some SERIOUS action!!!" begrüßt, was uns nochmal vor Augen führte, dass wir den besten der 6 Tauchgänge erwischt hatten. Das nenn' ich mal Glück!

Anschließend wurde, nachdem auch Gruppe 6 fast fertig war, fast feierlich der letzte Köder in das Wasser geworfen und solange immer wieder vor den Haien weggezogen, bis diese dann doch schneller waren als der Mensch. Und das waren sie früher oder später immer.

Zwischenzeitlich mischte sich übrigens auch ein Bronzehai unter die Großen Weißen - tapferes Kerlchen! Allerdings schien er mit dieser Aktion eine Art Mut-Wettkampf gestartet zu haben. Denn...

Gruppe 5 hatte nicht so ein Glück wie wir, denn sie hatten nur sehr wenige Haie vor dem Käfig. Der Grund dafür lag auf der Hand: Die Neptune-Islands, neben denen wir uns befanden, sind das zu Hause mehrerer Robben-Kolonien. Da sich eine dazu entschieden hatte, nicht allzuweit vom Boot entfernt unbesorgt rumzuschwimmen, machten die Haie sicherlich lieber Jagd auf ihre Lieblingsspeise. Kein Grund zur Sorge: wir sind uns ziemlich sicher, dass es die Robbe an Land zurück geschafft hat. Zumindest trat kein roter Blutfleck an der Wasseroberfläche zum Vorschein... ;)

Auf der Rückfahrt musste man das eben Erlebte erstmal setzen lassen. Zudem gab es bereits eine Vorführung der Videoaufnahmen und geschossenen Fotos. Im Dunkeln kamen wir dann wieder im Hafen an, nach ca. 3h Rückfahrt auf nun ruhigerer See. Ein großartiger Tag ging zu Ende mit eindrucksvollen Tieren, die man wohl nicht so schnell wieder vergessen wird. Australien wird NIE langweilig!

Mittlerweile sind wir schon in Melbourne, ein zweites Mal. Seit 6 Tagen um genau zu sein. Die Stadt ist echt geil, die Menschen zwar etwas in Hektik, aber davon lassen wir uns gar nicht beeinflussen. Von Tag zu Tag verlieben wir uns mehr in diese Stadt. Wir genießen die Zeit hier sehr. Vorgestern beispielsweise waren wir mit Marie (wohnt in St.Kilda) im Stadtteil St.Kilda am Strand, um kleine Piguine zu beobachten, die dort hausen. Sehr niedlich! Heute haben wir einen Stadtrundgang gemacht und abends waren wir auf dem Skydeck des Eureka Towers, 88 Stockwerke über dem Boden. Der Blick von dort oben war einzigartig. Morgen Abend fahren wir weiter Richtung Sydney, leider muss man fast sagen. Eigentlich wollen wir hier noch gar nicht weg! Im Städte-Ranking schiebt sich Melbourne bei mir glaube ich sogar vor Sydney.

Das soll reichen für heute. Allen ein fröhliches Ausnüchtern vom Männertag!
bis bald!
A&A

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